Casilinum
554 n. Chr.
Die Schlacht am Volturno als Szenario für l‘Art de la Guerre
„Ja, Hildebad ist sehr stark; obwohl nicht ganz so stark wie Winithar und
Walamer und die anderen waren, die mit mir jung gewesen. Und gegen die
Nordmänner ist Stärke gut Ding. Aber
dieses Südvolk“ -fuhr er ingrimmig fort- „kämpft von Türmen und Mauerzinnen
herunter. Sie führen den Krieg wie ein Rechenexempel und rechnen dir zuletzt ein
Heer von Helden in einen Winkel hinein, daß es sich nicht mehr rühren noch
regen kann. Ich kenne einen solchen Rechenmeister in Byzanz, der ist kein Mann
und besiegt die Männer. Du kennst ihn auch, Witichis?“ –so fragend wandte er
sich an den Mann mit dem Schwert. „Ich kenne Narses“, sagte dieser, der sehr
ernst geworden, nachdenklich. (So der
alte Hildebrand in Felix Dahns „Ein Kampf um Rom“.)
In unserer Spielrunde gibt es
parallele Leidenschaften sowohl für historische Simulationen als auch freies
Wettbewerbsspiel. In der Regel verwenden wir für diese beiden Arten von
Tabletop-Spielen unterschiedliche Regeln, zumeist ein epochenspezifisches
Regelwerk (z. B. Johnny Reb, Napoleon’s Battles) für simulationsorientierte
historische Szenarien und eines der etablierten, epochenübergreifenden Systeme
für generische, listenbasierte Spiele oder wettbewerbsorientiertes Spielen
(z.B. WRG 6. Edition, ARMATI, DBA).
Seit einiger Zeit spielen wir nun
im Bereich Antike und Mittelalter mit 15mm Figuren häufig l’Art de la Guerre
und es macht uns großen Spaß. Zumeist bevorzugen wir dabei zwar historische
Paarungen, spielen aber frei nach Armeelisten und nicht mit Szenario-Vorgaben. Mich reizt
die Idee schon seit längerem, diese Regeln und Listen nun auch einmal
für die Simulation einer historischen Schlacht zu verwenden, und
auszuprobieren, ob die Resultate historisch glaubwürdig sind.
Ich entschied mich für ein
200-Punkte-Spiel mit 15mm Figuren auf einem Standard-Spieltisch (80 X 120 cm),
um möglichst nah an den gewohnten Rahmenbedingungen zu bleiben. Bei der Suche
nach einer geeigneten historischen Schlacht fiel die Wahl schnell auf die
Schlacht von Casilinum im Jahre 554 n. Chr., zunächst allein schon deshalb, weil
gerade meine Justinianischen Byzantiner frisch bemalt und basiert waren. Die
Schlacht und ihr Verlauf sind für spätantike Verhältnisse relativ gut belegt,
zudem erscheinen die überlieferten Zahlenangaben eine relativ gute
Umsetzbarkeit innerhalb der von ADLG vorgegebenen Maßstäbe zu ermöglichen. Und
schließlich lässt die sehr unterschiedliche Zusammensetzung der Armeen auf ein
interessantes Spiel hoffen.
Die maßgebliche Quelle zur
Schlacht bei Casilinum im Frühjahr 554 ist die relativ ausführliche Beschreibung
bei Agathias, einem oströmischen Historiker des 6. Jahrhunderts.
Der historische Hintergrund
Die Schlacht bei Casilinum ist
eines der letzten Kapitel in der Geschichte der Rückeroberung des Westens durch
Kaiser Justinian. Nachdem der oströmische Feldherr Narses im Herbst 552 n. Chr.
in der Schlacht am Mons Lactarius, in der Teja, der letzte ostgotische König,
gefallen war, den Gotenkrieg endgültig für das Imperium entschieden hatte,
marschierte ein fränkisches Heer im Frühjahr 553 in Italien ein. Die Franken
waren bereits zu einem früheren Zeitpunkt von Witichis zur Hilfe gerufen worden
und mit den Ostgoten verbündet gewesen, hatten sich aber als unzuverlässig
erwiesen. Nun waren die Franken offenbar darauf aus, die instabile Lage in
Italien auszunutzen, um leichte Beute zu machen. Das Invasionsheer muss relativ
groß gewesen sein und rekrutierte sich offenbar ganz oder zumindest überwiegend
aus dem alemannischen Teil des merowingischen Herrschaftsbereiches. Die Brüder
Butilin(us) und Leuthari (Lothar) führten das Heer an. Während Narses damit
beschäftigt war, die verbliebenen ostgotischen Garnisonen zu belagern, stießen
die Franken bis nach Süditalien vor. Dort teilte sich das fränkische Heer. Die
eine Hälfte, unter Leuthari, wurde in Süditalien durch eine Seuche dezimiert,
der laut Agathias auch Leuthari zum Opfer fiel. Die andere Hälfte der Franken,
unter Butilin, ebenfalls durch Hunger und Krankheit geschwächt, war auf dem
Rückweg nach Norden, als Narses ihnen in Kampanien am Fluss Volturnus (heute Volturno),
in der Nähe von Capua, den Rückweg verlegte und sie zur Schlacht stellte.
Wenn man der Schilderung der
Schlacht bei Agathias folgt, hatten Butilins Männer, nachdem die Oströmer ihre
Versorgungslinien unterbrochen hatten, ihren Hunger mit unreifen Trauben von
den Reben der Gegend gestillt und viele waren davon krank geworden. Dennoch war
dieser Schilderung nach das fränkische Heer den Truppen des Narses trotz dieser
Verluste immer noch zahlenmäßig überlegen. Butilin suchte daher zügig die
direkte Konfrontation.
Die Franken überquerten den
Volturno in der Nähe von Capua bei der kleinen Stadt Casilinum. Dort trafen sie
auf das von Rom herbeimarschierte Heer des Narses. Narses polyglotte Armee
bestand aus regulären Verbänden und Föderaten, darunter ein Kontingent Heruler.
Kurz vor der Schlacht hatte es einen Konflikt im oströmischen Heer gegeben, ein
herulischer Hauptmann hatte wegen einer Nichtigkeit einen Sklaven getötet,
Narses ahndete diesen Disziplinverstoß als Mord und ließ den Mann hinrichten.
Daraufhin verweigerten die erbosten Heruler unter ihrem Anführer Sindual
zunächst Narses die weitere Gefolgschaft und blieben im Aufmarsch zurück.
Narses stellte sein Heer defensiv auf, im Zentrum das Fußvolk und abgesessene
Reiter in einer Phalanx, unterstützt durch dahinter stehende Fernkämpfer. Hier
war allerdings zu Beginn der Schlacht eine Lücke in der Schlachtordnung, in die
Sinuals Heruler nachrücken sollten. Auf dem rechten Flügel reguläre Kavallerie
und einige Hunnen, sowie Narses selbst mit seiner Leibwache aus Bucellarii, auf
dem linken Flügel weitere reguläre Reiterei und Bucellarii unter den
Befehlshabern Artabanes und Valerian. In diesem Sektor lag ein Waldgebiet,
hinter dem sich ein Teil der römischen Truppen im Hinterhalt verbarg.
Die Franken, von herulischen
Deserteuren informiert, dass Teile des kaiserlichen Heeres bereit zur Meuterei
wären, rückten in der für sie typischen Weise sehr aggressiv vor. Mit dem Fluss
im Rücken bildeten sie eine große Keilformation, den typischen germanischen
„Keilerkopf“, und rückten in einer gestaffelten Formation vor, die einem
flachen Dreieck glich- vorn die besten Kämpfer und abgesessenen Adeligen, so
dass im inneren der Formation ein Hohlraum entstand. Agathias vergleicht die
Formation mit dem griechischen Buchstaben delta. Wenn es sich nicht um eine
literarische Ausschmückung durch Agathias handelt, ist dies eine interessante
Information zur bekannten germanischen „Keilformation“, die früher oft als
spitzes Dreieck missverstanden und heute gewöhnlich als tiefe Anngriffskolonne
interpretiert wird. Es könnte bedeuten, dass in diesem Fall drei Kolonnen einen
Keil bildeten, ein zentraler „Eberkopf“ und, zu dessen Flankenschutz, zwei
„Flügel“. Dies ist die Interpretation von Roy Boss, und weil es genau zum
Kommandosystem von ADLG passt, folgte ich dieser Sicht in meinem Szenario.
Die Franken durchbrachen das
oströmische Zentrum und erreichten Narses Lager, während sie an den Flanken von
der Reiterei umfasst wurden. Anhaltender Beschuss durch die berittenen
Bogenschützen von den Seiten fügte den zumeist ungepanzerten Franken enorme
Verluste zu, angeblich indem sie über den Keil hinweg jeweils in die
unbeschildete Flanke der Truppen auf der gegenüberliegenden Seite schossen. Im
Zentrum wurde der Tag schließlich durch Sindual gerettet, denn es erschienen
schließlich doch noch die Heruler, um die Lücke zu schließen, nachdem seine
Loyalität zu Narses, oder vermutlich dessen Kriegskasse, sich als stärker
erwiesen hatte als die Empörung über die Schmach der Bestrafung. Die Heruler warfen
die das Lager bestürmenden Franken zurück. Die fränkische Schlachtordnung löste
sich schließlich auf und Butilins Heer wurde aufgerieben und in den Fluss
getrieben. Narses vollständiger Sieg beendete damit die Episode des fränkischen
Feldzugs in Italien.
Das Szenario
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L’Art de la Guerre - Historical
Scenario
The Battle of Casilinum, 554 AD
The Eastern Romans (125. Justinian Byzantine) 200P.
Left
Wing: Sub-General Artabanes (Competent Commander)
1X
Bucellarii Heavy Cavalry Impact Bow Elite
5X
Kavallaroi Heavy Cavalry Bow (historical set-up: 3 Units in Ambush)
Centre: Sub-General Sindual (Unreliable Commander)
4X Lombards
& Gepids Heavy Spearmen
4X Roman
Heavy Swordsmen Mediocre with missile support
1X Roman Light
Infantry Bow
Fortified
Camp
Right
Wing: C-in-C Narses (Strategist), included
1X
Bucellarii* Heavy Cavalry Impact Bow Elite
3X
Kavallaroi Heavy Cavalry Bow
1 X Huns
Light Cavalry Bow Elite
The Franks (144. Merovingian Frankish) 200 P.
Left
Wing: Sub-General
(Competent Commander), included
7X Heavy
Swordsmen Impetuous
1X Light
Infantry Bow
Centre (Franks): C-in-C Butilinus (Competent Commander),
included
4X Heavy
Cavalry Impetuous Elite, dismounted (Heavy
Swordsmen Impetuous Elite Armoured)
3X Heavy
Swordsmen Impetuous
1X Light
Infantry Javelin
Fortified
Camp
Right
Wing Sub-General (Competent
Commander), included
7X Heavy
Swordsmen Impetuous
1X Light
Infantry Bow
Scenario Rules:
Deployment:
The Franks
are considered the attacker. The Eastern Romans start with the set-up, the
Franks have the first move.
The only
compulsory terrain piece is a maximum sized wood in the Eastern Roman left
flank sector.
Optional
terrain pieces can only be smaller woods, fields or plantations and are only
allowed in the flank sectors.
Historical
set-up:
The compulsory wood is the only terrain piece
and contains an Eastern Roman ambush marker which hides 3 units Heavy Cavalry
Bow from the left flank command. The fortified camps of both players are placed
at the table edge (or river bank) in the front sector.
Free
set-up:
There is 1
additional optional terrain piece per player which can only be placed in the
flank sectors, the Eastern Roman player has then 3 ambush markers with the
normal rules.
Additional
option:
The
Volturnus River can be set up along the base edge of the Frankish player as an
impassable terrain piece. For historical set-ups this is highly recommended.
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Schlachtplan - historische Aufstellung
Armeeliste Oströmer
Armeeliste Franken
Das Spiel
Insgesamt haben wir das Szenario zunächst
dreimal testweise gespielt und inzwischen noch weitere Male. Alle Ergebnisse
waren sehr knapp, nach spannenden und ausgeglichenen Spielen mit wechselndem
Schlachtenglück. Bei den drei Testspielen ergaben sich unterschiedliche
Resultate. Beim ersten Gefecht gewannen die Franken, die in der letzten Runde
22 von 26 Demoralisierungspunkten erreicht hatten, die Römer verloren 24 Punkte
und waren bei 21 Punkten demoralisiert. Im zweiten Spiel gewannen die Oströmer,
sie hatten selbst ihren Breakpoint mit 20 von 21 Punkten fast erreicht, die
Franken kamen genau auf 26. Im dritten Spiel gab es ein Unentschieden, in der
letzten Runde erreichten bzw. überschritten beide Armeen zeitgleich ihren
Breakpoint und wurden demoralisiert.
Im Folgenden ein kurzer Bericht des
ersten Spiels (Butilins Sieg):
Der fränkische Spieler stellte die drei Kommandos in direktem Kontakt zueinander auf, sodass ein flacher Keil entstand. Das zentrale Kommando zweireihig, die beiden Flankenkommandos in jeweils zwei nach hinten und außen versetzten Kolonnen. Dies entsprach relativ nah der Beschreibung des "Keilerkopfes".
Der Vormarsch der Franken vollzog sich so, dass das zentrale Kommando stetig vorrückte, die beiden Flankenkommandos sich jeweils zu beiden Seiten hin den Reitern zuwendeten und dabei nach und nach in Kolonnen aus zwei oder drei Einheiten zerfielen, die es nur teilweise schafften, sich dann wieder zu verbreitern bzw. zu entfalten.
Ein wesentliches Problem für die Franken war die eingeschränkte Beweglichkeit ihrer ungestümen Truppen. Der fränkische Spieler löste dies, indem er überwiegend die volle Zugweite auf den Gegner zurückte und dabei ggf. maximal schwenkte.
Der oströmische Spieler zog die Reiterei auf den Flanken auf Bogenschussreichweite heran und wich den Angriffen der Franken regelmäßig aus. Auch Nahkampfabbrüche kamen vor. Auf den Flanken wurden die Franken durch den Beschuss allmählich geschwächt und ihre Ordnung löste sich nach und nach auf.
Entschieden wurde die Schlacht dadurch, dass der oströmische Spieler sich im Zentrum nicht ganz defensiv genug verhielt und dem Franken vermutlich eine Runde zu früh die Gelegenheit zum Nahkampf gab. Das römische Zentrum wurde aufgerieben und das Lager geplündert, allerdings wurde es zuletzt noch ziemlich knapp, weil es den Bucellarii auf beiden Flanken gelang, durch Fernkampf geschwächte fränkische Stammeskrieger-Einheiten niederzureiten. Allerdings gelang es dem oströmischen Spieler nicht mehr, den Franken auf den Flanken schnell genug ausreichend viele Verluste zuzufügen, um den Zusammenbruch des eigenen Zentrums auszugleichen.
Der fränkische Spieler stellte die drei Kommandos in direktem Kontakt zueinander auf, sodass ein flacher Keil entstand. Das zentrale Kommando zweireihig, die beiden Flankenkommandos in jeweils zwei nach hinten und außen versetzten Kolonnen. Dies entsprach relativ nah der Beschreibung des "Keilerkopfes".
Der Vormarsch der Franken vollzog sich so, dass das zentrale Kommando stetig vorrückte, die beiden Flankenkommandos sich jeweils zu beiden Seiten hin den Reitern zuwendeten und dabei nach und nach in Kolonnen aus zwei oder drei Einheiten zerfielen, die es nur teilweise schafften, sich dann wieder zu verbreitern bzw. zu entfalten.
Ein wesentliches Problem für die Franken war die eingeschränkte Beweglichkeit ihrer ungestümen Truppen. Der fränkische Spieler löste dies, indem er überwiegend die volle Zugweite auf den Gegner zurückte und dabei ggf. maximal schwenkte.
Der oströmische Spieler zog die Reiterei auf den Flanken auf Bogenschussreichweite heran und wich den Angriffen der Franken regelmäßig aus. Auch Nahkampfabbrüche kamen vor. Auf den Flanken wurden die Franken durch den Beschuss allmählich geschwächt und ihre Ordnung löste sich nach und nach auf.
Entschieden wurde die Schlacht dadurch, dass der oströmische Spieler sich im Zentrum nicht ganz defensiv genug verhielt und dem Franken vermutlich eine Runde zu früh die Gelegenheit zum Nahkampf gab. Das römische Zentrum wurde aufgerieben und das Lager geplündert, allerdings wurde es zuletzt noch ziemlich knapp, weil es den Bucellarii auf beiden Flanken gelang, durch Fernkampf geschwächte fränkische Stammeskrieger-Einheiten niederzureiten. Allerdings gelang es dem oströmischen Spieler nicht mehr, den Franken auf den Flanken schnell genug ausreichend viele Verluste zuzufügen, um den Zusammenbruch des eigenen Zentrums auszugleichen.
Der "Keilerkopf"
Alemannisches Lagerleben
Der Aufmarsch
Artabanes
Der Zusammenstoß
Butilin bricht durch
Narses' Gegenangriff
Plünderung des Lagers: "Oh, eine saubere Toga... wie nett!"
Überlegungen zum Szenario
In meiner Darstellung der
Schlacht folge ich weitgehend der Schilderung des Agathias, obwohl der
Militärhistoriker Hans Delbrück diese für unglaubwürdig hält. Eine sehr übersichtliche
und einleuchtende moderne Interpretation der Darstellung des Agathias findet
sich im Buch „Justinian’s Wars“ von Roy Boss, erschienen bei Montvert
Publications. Für die Umsetzung der historischen Schlacht als Tabletop-Szenario
waren mehrere grundlegende Entscheidungen notwendig, was die Interpretation der
historischen Informationen im Rahmen der Regeln und Armeelisten betrifft.
Die erste Erwägung sind die Zahlenangaben
bei Agathias und der für das Szenario zu wählende Maßstab der Truppenrepräsentation.
Nach der Quelle hatte das fränkisch-alemannische Heer ursprünglich
75.000-80.000 Mann und der Teil unter Butilin zum Zeitpunkt der Schlacht immer
noch ca. 30.000. Narses soll über 18.000 Soldaten verfügt haben. Delbrück hält
diese Angaben für maßlos übertrieben, v.a. für die Franken, und geht sogar von
einer zahlenmäßigen Überlegenheit der Oströmer aus. Die Zweifel an Agathias‘
Zahlen sind sicherlich grundsätzlich berechtigt, da ein Aufgebot von 80.000
Kriegern sicherlich weit über den logistischen Möglichkeiten der Merowinger zu
dieser Zeit gelegen hat, v.a. wenn sich dies nur auf den alemannischen Teil des
Königreiches beschränkte. Roy Boss rekonstruiert die Zahlen so, dass Narses
tatsächlich 18.000 Mann zur Verfügung standen (6000 Reiter und 12.000
Infanteristen inklusive der Föderaten und abgesessener Reiterei) und Butilin
22.000 Mann, in drei Treffen (im Zentrum 8000 Franken inklusive abgesessener
Adelsreiterei, auf den Flanken jeweils 7000 Alemannen). Ich halte die Annahme,
dass die beiden Heere etwa 15.000-20.000 Mann stark gewesen sein könnten für
durchaus realistisch, die Oströmer vielleicht etwas schwächer und die Franken
etwas stärker. In der ausgehenden Spätantike waren die Heere oft klein, aber
ca. 20.000 Mann pro Seite scheinen eine relativ typische Größenordnung für
große und entscheidende Gefechte gewesen zu sein. Wenn man die Angaben bei
Agathias nicht vollkommen ins Reich der Legenden verweist und in Betracht
zieht, dass Narses‘ Heer in Italien verstreut war und vermutlich nicht
vollständig zusammengezogen werden konnte, ohne diverse Belagerungen gegen die
verbliebenen Goten aufzugeben, ergibt sich ein Bild, dass erstaunlich gut zu
den Vorgaben der ADLG-Armeelisten passt. In meiner Rekonstruktion gehe ich, den
Maßstäben von ADLG folgend, von ca. 1000 Mann pro dargestellter Einheit Fußvolk
aus (halb so viele bei Plänklern), bei den Reitern etwa von 300. In der Schlachtaufstellung
für das Szenario stehen sich entsprechend
ca. 16.000 Oströmer (davon ca. 3.300 Kavalleristen) und ca. 23.000
Franken gegenüber. Das ist relativ nah an den Angaben der Primärquelle.
Allerdings habe ich es mir hier insofern etwas leicht gemacht, als dass ich die
Fernkampfunterstützung der römischen schweren Infanterie als volle zusätzliche
Einheiten an Fernkämpfern eingerechnet habe, was nicht zu schwer zu Lasten des
Simulationscharakters ins Gewicht fallen sollte, da dies der überlieferten und
von Boss und anderen rekonstruierten historischen Aufstellung und Kampfweise
entspricht. Die insgesamt offenbar recht zahlreichen regulären Fernkämpfer zu Fuß in Narses Armee
werden nicht als eigenständig operierender Faktor in der Schlacht erwähnt,
sondern ausschließlich als Unterstützung des schweren Fußvolks aus der zweiten
Reihe.
Die Einstufung der Heruler ist
eine schwierige Frage, waren sie relativ unabhängige Verbündete oder
halbreguläre, fest in die Armee integrierte Söldner? Sie werden als Föderaten
bezeichnet. Es gab in der oströmischen bzw. byzantinischen Armee einen
nachweislichen Trend, dass Einheiten, die ursprünglich irreguläre
Vertragspartner gewesen waren, nach und nach zu regulären Einheiten, teilweise
auch Eliteverbänden wurden. Auf der anderen Seite dienten dem Kaiser in Italien
Soldaten mit ethnisch sehr vielfältigem Hintergrund, von denen manche, je nach
Kassenlage und Besoldungssituation, auch offenbar relativ regelmäßig die Seiten
wechselten. Die Heruler werden unter ihrem eigenen Befehlshaber, Sindual, zwar
in der Quelle hervorgehoben, reihen sich aber in eine Armee aus Armeniern,
Hunnen, Römern und diversen Germanen ein. Da Narses auch einen herulischen
Hauptmann hinrichten ließ und dieses Kontingent damit offenbar voll der
römischen Disziplin unterworfen war, erscheint mir eine Einstufung der
Föderaten als Teil der regulären Armee und nicht als verbündetes Kontingent
sinnvoll. Andererseits muss der zeitweiligen meuterischen Stimmung und der
zunächst zweifelhaften Loyalität Sinduals Rechnung getragen werden, wie auch
der Möglichkeit eines verspäteten Erscheinens der Heruler auf dem Schlachtfeld.
Ich wollte zudem die Rahmenbedingungen eines typischen ADLG-Standardspiels
möglichst einhalten und daher nicht mit mehr als drei Kommandos auf
oströmischer Seite spielen. Daher entschloss ich mich, das römische Zentrum
insgesamt, die reguläre Infanterie wie auch
die Heruler, unter das Kommando Sinduals zu stellen und diesen als
unzuverlässigen Befehlshaber einzustufen. Dies bildet sowohl das rein defensive
Verhalten des regulären Fußvolks als auch die Unzuverlässigkeit Sinduals und
das potenziell verspätete Eingreifen der Heruler innerhalb der Spielmechanik
von ADLG glaubwürdig ab. Denkbar wäre natürlich auch eine zusätzliche Reserve
an Herulern, für deren Eintreffen auf der Spielplatte gewürfelt werden muss.
Die einzigen Geländemarken, die
in der Quelle erwähnt werden, sind ein Wald auf der römischen Flanke, in bzw.
hinter dem sich ein Teil der Reiterei verbirgt, sowie der Fluss im Rücken der
fränkischen Armee. Der in der Quelle erwähnte Hinterhalt ist mit ADLG gut
darstellbar, die Möglichkeit, Hinterhalte zu legen, ist ein sehr schönes Detail
dieser Regeln. Das Szenario sieht zunächst einen römischen Hinterhalt nur auf
dem linken Flügel vor, ich folge hier der Interpretation von Boss und verstehe
Agathias selbst auch so. Es gibt aber auch andere Interpretationen der Stelle
bei Agathias, die von römischen Hinterhalten auf beiden Flügeln ausgehen. Ich
habe daher als optionale Variante eine Verwendung von zusätzlichen
Geländestücken vorgesehen, die auf beiden Flankensektoren ausgelegt werden
dürfen. Der oströmische Spieler erhält in diesem Fall bis zu drei
Hinterhalt-Marker.
Während die Darstellung der
Oströmer als Frühe Byzantiner mit der entsprechenden Liste 125 „Justinian
Byzantine“ direkt ein klarer Fall war, ist die Frage der für die Franken zu
verwendenden Liste etwas komplizierter. Historisch für die Zeit genau passend
ist Liste 144 „Merovingian Frankish“. Die Merowinger-Liste gibt allerdings
keine besondere Einstufung von Butilins Heer als alemannisches Aufgebot her,
wenn man darauf Wert legt, ist Liste 96 „Franks, Alemanni, Burgundi, Suevi“
eine Option. In dieser Frühen Franken Liste gibt es bis zu 4 Einheiten
Adelsreiterei (die man regeltechnisch grundsätzlich absteigen lassen kann) und die Option das gesamte schwere fränkische
Fußvolk zu Elitestatus aufzuwerten. Die Alamannen dürfen Bogenschützen auch als
LMI-Einheiten aufstellen. Der Interpretation von Roy Boss folgend könnte man so
zwei Kommandos alemannische Schwertkämpfer mit LMI-Fernkämpfern als Unterstützung
auf die Flanken stellen und ein schweres Elite-Kommando aus Franken in das
Zentrum. Die Merowinger-Liste gibt viele
Möglichkeiten her, gallo-romanische Truppen aufzustellen, zu Fuß und zu Pferd.
Delbrück betont, dass man sich auch ein „fränkisches“ Heer dieser Zeit ethnisch
gemischt und nicht rein germanisch vorzustellen hat. Die schwere Infanterie
kann in dieser Liste nicht mehr zu Elite aufgewertet werden, die 4 Einheiten
Adelsreiterei sind geblieben. Ich entschloss mich, die zeitlich offiziell passende
Liste 144 zu nehmen, um meinem Vorhaben treu zu bleiben, mich möglichst dicht
an die ADLG-Vorgaben zu halten. Außerdem erscheint die Schilderung der Franken
bei Agathias doch eher homogen, ohne bemerkenswerte Unterschiede von Franken,
Alemannen oder Gallo-Romanen, zudem ohne nennenswerte Beteiligung von
Fernkämpfern. Diesem Bild wollte ich
folgen, auch um den „monothematischen“ Charakter der Armee zu betonen und noch
stärker von den etwas vielfältigeren Oströmern abzugrenzen.
Diese Liste ist
allerdings für das Szenario in zweifacher Hinsicht problematisch. Erstens gibt
es keine Option, die Adelsreiterei von Anfang an abgesessen als schweres
Fußvolk aufzustellen, man kann diese Einheiten vor Beginn des Spiels absitzen
lassen, laut ADLG Regeln wären sie dann aber als mittlere Schwertkämpfer
klassifiziert. Diese wären zwar gepanzert und ungestüm, was ich für das
Szenario sehr gut finde, allerdings nicht in geschlossener Ordnung. Es gibt
keinen Grund anzunehmen, dass Butilin und sein persönlicher Comitatus nicht
geschlossen im Schildwall bzw. Keilerkopf gekämpft hätten, sondern, anders als
die Masse ihrer Männer, in einer gelockerten Formation. Eine Option der
Aufrüstung der Fußkrieger gibt diese Liste nicht her. Da ich die fränkische
Oberschicht gern als gepanzerte elitäre Version der typischen fränkischen
Fußkrieger abbilden wollte, entschloss ich mich, in diesem Punkt von Regeln und
Liste abzuweichen und die 4 Einheiten Adelsreiter als schweres, nicht mittleres
Fußvolk absitzen zu lassen und entsprechend einen Punkt mehr pro Einheit
auszugeben. Eine weitere Abweichung ergab sich im Hinblick auf das fränkische
Lager, die Quelle lässt keinen Zweifel daran, dass die Franken „Verschanzungen“
anlegten und ihr Lager befestigten. Mit Liste 144 ließe sich das sogar regulär
durch Feldbefestigungen simulieren, wobei diese den Franken den Nachteil
bringen würden, sie entsprechend mit Einheiten garnisonieren zu müssen. Ich
fand es spieltechnisch ausgeglichener, beiden Seiten ein befestigtes Lager
zuzugestehen.
Bericht des Zweiten
Spiels:
Hier noch ein Spielbericht des zweiten Spiels (Narses‘ Sieg):
Der Aufbau entsprach relativ genau dem ersten Spiel, wieder hatten wir uns für die historische Aufstellung entschieden und der Franke gruppierte seine Kommandos als "Keilerkopf". Allerdings rückten die fränkischen Kommandos diesmal schneller in die breite und die Flanken schwenkten nach außen ein, sodass eher ein umgedrehtes U aus drei "Schildwällen" entstand und nicht mehr die parallel vorrückenden Kolonnen wie im ersten Spiel.
Der oströmische Spieler hielt sein Zentrum insgesamt weiter zurück als im ersten Spiel und ließ Speerträger aus der Reserve vor dem Kontakt nach vorn gehen, um die fränkischen Elitetruppen in den entscheidenden Nahkämpfen zu überflügeln.
Es stellte sich heraus, dass das oströmische Zentrum den Franken trotz aller Bemühungen immer noch hoffnungslos unterlegen war, die etwas längere Atempause, die dort durch defensiveres Verhalten und geschicktere Ausnutzung lokaler zahlenmäßiger Überlegenheit erreicht wurde, genügte aber, um der oströmischen Kavallerie die Gelegenheit zu geben, die notwendigen Verluste zu machen, um die Franken zuerst brechen zu lassen.
Der Aufbau entsprach relativ genau dem ersten Spiel, wieder hatten wir uns für die historische Aufstellung entschieden und der Franke gruppierte seine Kommandos als "Keilerkopf". Allerdings rückten die fränkischen Kommandos diesmal schneller in die breite und die Flanken schwenkten nach außen ein, sodass eher ein umgedrehtes U aus drei "Schildwällen" entstand und nicht mehr die parallel vorrückenden Kolonnen wie im ersten Spiel.
Der oströmische Spieler hielt sein Zentrum insgesamt weiter zurück als im ersten Spiel und ließ Speerträger aus der Reserve vor dem Kontakt nach vorn gehen, um die fränkischen Elitetruppen in den entscheidenden Nahkämpfen zu überflügeln.
Es stellte sich heraus, dass das oströmische Zentrum den Franken trotz aller Bemühungen immer noch hoffnungslos unterlegen war, die etwas längere Atempause, die dort durch defensiveres Verhalten und geschicktere Ausnutzung lokaler zahlenmäßiger Überlegenheit erreicht wurde, genügte aber, um der oströmischen Kavallerie die Gelegenheit zu geben, die notwendigen Verluste zu machen, um die Franken zuerst brechen zu lassen.
Das Schlachtfeld
Die Aufstellung
Die Oströmer
Die Franken
Der erste Zug
Die Entscheidung
Das Ende
Die 15mm Miniaturen stammen von Old Glory (Franken) und Donnington Miniatures (Oströmer), die Lager von Baueda und Alternative Armies mit Details von Essex und Donnington. Die Basen sind von Litko Aerosystems.
Die Quellen:
Boss, Roy, Justinian's Wars: Belisarius, Narses and the Reconquest of the West (Montvert Publications),1993
Macdowall, Simon, Conquerors of the Roman Empire: The Franks (Pen&Sword Military), 2018
Fazit:
Wir haben festgestellt, dass jedes Spiel im Prinzip ein Rennen gegen die Zeit war; die Franken (v.a. die adligen Elitetruppen) können das oströmische Zentrum in der Regel zerschmettern, haben aber Kommando-Probleme. Die Oströmer, v.a. die Bucellarii, sind hingegen an den Flanken massiv überlegen und können dort Punkte machen.
Die Spiele haben großen Spaß gemacht und das mehrmalige Spielen des selben Szenarios mit unveränderten Armeen hat uns gut geholfen, ein besseres Gefühl für die Feinheiten der Regeln und die Möglichkeiten der Truppen zu bekommen. Sehr positiv verbuchen wir die Erfahrung, dass mit ADLG offenbar überzeugende historische Ergebnisse möglich sind und die Regeln es durchaus belohnen, wenn Armeen so gespielt werden, dass sie weitgehend nach ihren historischen Taktiken vorgehen.
Die Spiele haben großen Spaß gemacht und das mehrmalige Spielen des selben Szenarios mit unveränderten Armeen hat uns gut geholfen, ein besseres Gefühl für die Feinheiten der Regeln und die Möglichkeiten der Truppen zu bekommen. Sehr positiv verbuchen wir die Erfahrung, dass mit ADLG offenbar überzeugende historische Ergebnisse möglich sind und die Regeln es durchaus belohnen, wenn Armeen so gespielt werden, dass sie weitgehend nach ihren historischen Taktiken vorgehen.
Über Rückmeldungen zum Szenario und den Spielen würden wir uns natürlich freuen!
Yogsothoth
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cool
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